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Amtliche Bekanntmachungen

Allgemeinverfügung zur Beschränkung von Wasserentnahmen aus dem Grundwasser und aus Oberflächengewässern im Landkreis Lüchow-Dannenberg

Auf Grundlage des § 100 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) in der derzeit geltenden Fassung erlässt der Landkreis Lüchow-Dannenberg als untere Wasserbehörde folgende Allgemeinverfügung:

1. Die Bewässerung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen, öffentlichen und privaten Grünflächen wie Parkanlagen und Rasenflächen sowie von Sportanlagen wie Fußball-, Golf-, Reit- und Tennisplätzen mit Weitwurfregnern (Beregnungskanonen), Berieselungsanlagen und Rasensprengern ist täglich in der Zeit von 10:00 Uhr bis 19:00 Uhr ab einer Temperatur von 25 Grad Celsius untersagt.

2. Ab einer Windgeschwindigkeit von 8 Metern pro Sekunde (entspricht 29 km/h bzw. 5 Bft) ist die Bewässerung der in Nummer 1 genannten Flächen mit Weitwurfregnern (Beregnungskanonen), Berieselungsanlagen und Rasensprengern komplett untersagt.
Maßgeblich sind jeweils die Daten der Wetterstation Lüchow. Diese sind abzurufen unter https://www.dwd.de/DE/wetter/wetterundklima_vorort/niedersachsen_bremen/luechow/_node.html

3. Die Untersagung gilt für die Entnahme von Grundwasser aus Brunnen und aus der öffentlichen Trinkwasserversorgung sowie für die Feldberegnung mit gültiger wasserrechtlicher Erlaubnis und vorübergehenden Duldungen.

4. Jegliche Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtungen im Rahmen des Eigentümer- und Anliegergebrauchs und Gemeingebrauchs ist untersagt.

5. Die Allgemeinverfügung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft und gilt bis einschließlich 31.10.2023 bzw. bis zum Widerruf.

6. Die sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung wird angeordnet.

Begründung

Gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i.V.m. § 128 Abs. 1 Satz 1 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG – in der derzeit geltenden Fassung) ist der Landkreis Lüchow-Dannenberg als untere Wasserbehörde zuständig für den Erlass dieser Allgemeinverfügung.

Zu 1 bis 3.
Seit einigen Jahren ist die Grundwasserneubildung im Landkreis Lüchow-Dannenberg durch Niederschlag sehr stark beeinträchtigt, weil die jährlichen Verdunstungswerte deutlich über den jährlichen Niederschlagswerten lagen. Insbesondere im Jahr 2018 entstand ein enormes Defizit. Vorrangig im späten Frühjahr bis zum Spätsommer entstehen durch hohe Temperaturen und längere Sonneneinstrahlung hohe Verdunstungsraten. Die Trockenjahre im Besonderen seit 2018 haben dazu geführt, dass sich die Grundwasserstände im Landkreis Lüchow-Dannenberg bislang nicht wieder signifikant erholen konnten. Auch das etwas feuchtere frühe Frühjahr 2023 brachte keine dauerhafte Erholung der Grundwasserstände mit sich.
Angesichts der dargestellten Umstände, der auch derzeit wieder andauernden Trockenheit und der hohen Tagestemperaturen ist ein sparsamer Umgang mit dem Grundwasser unbedingt erforderlich, um ein weiteres Absinken der Grundwasserstände und eine Vergrößerung der Grundwassermengendefizite zu verhindern bzw. zu vermindern. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 WHG ist jede Person verpflichtet, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers sicherzustellen. Hierzu gehört auch die effiziente und nachhaltige Benutzung des Grundwassers.

Bei sommerlichen Temperaturen ist festzustellen, dass insbesondere bei der Beregnung mit Beregnungskanonen und auch mit Rasensprengern in der Zeit von 10:00 Uhr bis 19:00 Uhr eine wesentliche Menge des verregneten Wassers verdunstet. Dies entspricht nicht einer sparsamen Verwendung des Wassers und ist daher unbedingt zu unterlassen. Am sinnvollsten und effizientesten ist die Bewässerung in der Nacht bis in die frühen Morgenstunden, sofern es nicht windig ist. Die zeitliche Einschränkung der Beregnung ist verhältnismäßig, weil andere Zeiten genutzt werden können im Rahmen der jeweiligen wasserrechtlichen Erlaubnis. Gleiches gilt für die Einschränkungen auf Grundlage der herrschenden Temperaturen und der Windgeschwindigkeit. Hierbei gilt außerdem in Bezug auf die landwirtschaftliche Feldberegnung, dass bei höheren Temperaturen und Windgeschwindigkeiten eine saubere Verteilung des Wassers und damit eine effiziente Nutzung des Grundwassers ohnehin eher ausgeschlossen sind.
Die Einschränkungen sind zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des (Grund)Wasserhaushalts auch notwendig und erforderlich, soweit hierdurch vorhandene gültige wasserrechtliche Erlaubnisse betroffen sind.

Nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG ordnet der Landkreis Lüchow-Dannenberg als untere Wasserbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen. Im Rahmen der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens macht der Landkreis Lüchow-Dannenberg von seiner Befugnis Gebrauch, um aufgrund der weiterhin niedrigen Grundwasserstände, der stark beeinträchtigten Grundwasserneubildung und der anhaltenden Trockenheit eine weitergehende Beeinträchtigung des Grundwassers zu vermeiden. Dabei kommt dem vorrangigen Schutz des Trinkwassers eine besondere Bedeutung zu. Andere Maßnahmen, die den gleichen Effekt hätten, sind kurzfristig nicht ersichtlich.

Zu 4.
In den Oberflächengewässern im Gebiet des Landkreises Lüchow-Dannenberg haben sich aufgrund der anhaltenden Trockenheit sehr niedrige Wasserstände eingestellt. Aufgrund der zurzeit zu beobachtenden Gegebenheiten ist nicht von einer kurzfristigen Änderung der Situation auszugehen.
Das Entnehmen von Wasser aus oberirdischen Gewässern bedarf gem. § 8 Abs. 1 WHG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 WHG grundsätzlich einer wasserrechtlichen Erlaubnis. Ausnahmen von der Erlaubnispflicht bestehen nur, wenn die Wasserentnahme unter den Eigentümer- und Anliegergebrauch am Gewässer (§ 26 WHG) oder unter den Gemeingebrauch (§ 25 WHG) fällt.
Die Wasserentnahme mittels Pumpvorrichtungen ist eine erlaubnispflichtige Benutzung und daher grundsätzlich zunächst verboten. Wasser darf durch den Eigentümer oder Anlieger nur für den eigenen Bedarf entnommen werden, wenn dadurch andere nicht beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit, keine wesentliche Verminderung der Wasserführung sowie keine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushaltes zu erwarten sind. Die Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtungen verstärkt die Beeinträchtigung des Wasserhaushaltes, d.h. die Wasserstände in den Oberflächengewässern des Landkreises Lüchow-Dannenberg sinken weiter ab. Es gilt zu berücksichtigen, dass nicht nur Ackerflächen, Gemüsepflanzen, Blumen und andere Pflanzen vom Austrocknen bedroht sind, sondern auch die in den Oberflächengewässern lebenden Tiere und Pflanzen, die ohne Wasser nicht überleben können. Bereits geringfügige Wasserentnahmen haben nachteilige Auswirkungen auf die Gewässerökologie (trockenes Bachbett), sodass schnell die Grenze überschritten werden kann, bei der für die Lebewesen im oder am Gewässer nichts mehr übrig bleibt und dadurch große Schäden entstehen können. Dies gilt es auf jeden Fall zu vermeiden. Ist die Wasserführung bereits gering, so wie derzeit an praktisch allen Gewässern im Landkreis Lüchow-Dannenberg, führen auch kleine Entnahmen zu einer wesentlichen und damit unzulässigen Verminderung der Wasserführung. Dementsprechend sind Wasserentnahmen aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtungen im Landkreis Lüchow-Dannenberg auch im Rahmen des Eigentümer- und Anliegergebrauchs sowie des Gemeingebrauchs nicht zulässig.

Zu 5.
Der Personenkreis, an den sich die in dieser Verfügung enthaltenen Regelungen richten, ist nicht individuell, sondern nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmbar und darüber hinaus zahlenmäßig sehr groß. Aufgrund dessen macht der Landkreis Lüchow-Dannenberg von seiner Befugnis gem. § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der derzeit geltenden Fassung Gebrauch und erlässt eine Allgemeinverfügung. Diese Allgemeinverfügung darf nach § 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG öffentlich bekanntgemacht werden, weil eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist. Dies ist der Fall, wenn die Bekanntgabe an die Beteiligten mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden oder überhaupt nicht möglich ist. Da nicht jedem einzelnen Beteiligten in der vorliegenden Angelegenheit die Allgemeinverfügung individuell bekanntgemacht werden kann, weil es sich um zu viele Beteiligte handelt, erfolgt eine öffentliche Bekanntmachung.
Die vorliegende Allgemeinverfügung gilt gem. § 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG am Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung als bekanntgegeben und tritt mit diesem Tag in Kraft. Ein Abwarten des In-Kraft-Tretens der Allgemeinverfügung mit ihren Regelungen ist angesichts der herrschenden anhaltenden Trockenheit und der damit verbundenen zu beobachtenden bereits eintretenden Schäden in der Natur nicht angebracht. Deshalb ist das sofortige In-Kraft-Treten der Allgemeinverfügung am Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung verhältnismäßig.
Die Allgemeinverfügung ist geeignet, Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG sicherzustellen. Die getroffenen Anordnungen dienen dazu, Wasser zu sparen und helfen bei der Erholung der Grundwasserstände und der Wasserstände in den Oberflächengewässern. Die getroffenen Anordnungen sind erforderlich, um die Lebensgrundlage Wasser, die Natur und das Wohl der Allgemeinheit und damit auch die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schützen und zu erhalten. Darüber hinaus stellen die getroffenen Anordnungen auch die mildesten Mittel dar, um das geplante Ziel zu erreichen. Denn es werden erlaubte Entnahmemengen nicht verringert, sondern lediglich zeitliche und witterungsbedingte Einschränkungen verhängt. Alternativ kämen vollständige Entnahmeverbote in Betracht. Für die Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtungen ist die vollständige Untersagung indessen das einzig angemessene Mittel, da eine zeitliche und / oder witterungsabhängige Untersagung nicht sinnvoll ist. Angesichts der erheblichen schädlichen Auswirkungen, die bereits vergleichsweise geringe Entnahmen aus Oberflächengewässern mit sich bringen können, ist auf eine Entnahme von Wasser mittels Pumpvorrichtungen vollständig zu verzichten. Die Entnahme unter Zuhilfenahme von Handgefäßen hingegen ist auch weiterhin zulässig, sofern der sparsame Gebrauch eingehalten wird.
Die Befristung der Allgemeinverfügung bis zum 31.10.2023 ist ebenfalls verhältnismäßig, da die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, dass sich Perioden der extremen Trockenheit bis Ende Oktober eines Jahres hinziehen können. Um nicht nach kurzer Zeit erneut in den Prozess des Erlasses einer Allgemeinverfügung einsteigen zu müssen, ist es angebracht, die genannte Befristung auszusprechen. Sollten sich im Zeitraum der Gültigkeit dieser Allgemeinverfügung die Wetterumstände allerdings derart zum Positiven ändern, dass die verhängten Einschränkungen und Verbote nicht mehr notwendig sein sollten, kann die Allgemeinverfügung auch schon vor Ablauf der Befristung zu einem früheren Zeitpunkt widerrufen werden.

Zu 6.
Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der derzeit geltenden Fassung wird die sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung angeordnet. Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Allgemeinverfügung wird damit begründet, dass aufgrund anhaltend niedriger Grundwasserstände, weiterhin absinkender Wasserstände in den Oberflächengewässern im Landkreis Lüchow-Dannenberg und der überaus trockenen Witterung dringendes Handeln des Landkreises Lüchow-Dannenberg als untere Wasserbehörde zum Schutz von Leben und Gesundheit der Menschen und zum Tier- und Artenschutz geboten ist. Ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung hätte ein Widerspruch eines Beteiligten aufschiebende Wirkung. Bis zum Abschluss des Widerspruchs- und eines sich möglicherwiese anschließenden Gerichtsverfahrens wäre es möglich, weiterhin Grundwasser zwischen 10:00 Uhr und 19:00 Uhr bei Temperaturen ab 25° Celsius und auch weiter ab Windstärke 5 zu entnehmen und zu benutzen. Außerdem wäre eine uneingeschränkte Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtungen im Rahmen des Eigentümer- und Anliegergebrauchs sowie im Rahmen des Gemeingebrauchs möglich. Diese privaten Interessen müssen jedoch nach Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Allgemeinverfügung in den Hintergrund treten, da der Schutz des Grundwassers und der Oberflächengewässer als Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen als überragend angesehen werden muss.

Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch eingelegt werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Landkreis Lüchow-Dannenberg, Königsberger Straße 10, 29439 Lüchow, einzulegen.

Hinweise
Zuwiderhandlungen gegen diese Allgemeinverfügung stellen Ordnungswidrigkeiten nach § 103 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 WHG und § 133 Abs. 2 Nr. 2 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) dar. Diese können gem. § 103 Abs. 2 WHG und § 133 Abs. 3 WHG mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden.


Lüchow, den 22.06.2023
(Siegel)
Landkreis Lüchow-Dannenberg
Die Landrätin
I.V. Schermuly (Erster Kreisrat)

 

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