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Zukunftsentwicklungskonzept

Rückblick: Sechste Zukunftswerkstatt „Suffizienz“ am 1. Oktober 2024 in Dannenberg

In der Zukunftswerkstatt zum Thema „Suffizienz“, einem Schlüsselkonzept der Nachhaltigkeit, war am 1. Oktober 2024 der bekannte Wachstumskritiker Professor Nico Paech als Hauptredner zu Gast. Im deutschsprachigen Raum gilt Paech als Vordenker der Postwachstumsökonomie. Rund 100 interessiere Menschen nahmen an der gemeinsamen Veranstaltung der Kreisverwaltung und des Kreistags im Dannenberger Ostbahnhof teil. 

Professor Nico Paech im Gespräch mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern. Foto: Jenny RaederGreen Growth versus De-Growth

Paech verortete zunächst den Begriff der Suffizienz in der aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte: In dieser stünden sich derzeit die Vertreter des „Green Growths“ und die des „De-Growths“ nahezu unversöhnlich gegenüber. Die „Green Growther“ plädieren demnach für einen Wandel der Technologie. Sie fordern Effizienz, den Einsatz erneuerbarer Energien und Kreislaufwirtschaft. Hier gehe es unverändert um ökonomische Expansion. Die Vertreter des „De-Growth“ forderten dagegen einen Wandel der Lebensstile. Neben der Suffizienz seien die Subsistenz und kleinere Industrien die „Trumpfkarten“ dieses wachstumskritischen Ansatzes.

Suffizenz: die Kunst des Nein-Sagens

Paech klärte damit ein verbreitetes Missverständnis auf: „Suffizienz steht eben nicht für nachhaltigen Konsum, sondern für den Nicht-Konsum.“ Suffizienz sei ein Akt der Genügsamkeit. Es gehe um die „Kultivierung der Kunst des Nein-Sagens.“ Dabei wollen man keineswegs „zurück in die Höhle oder auf den Baum“, beruhigte er seine Zuhörerinnen und Zuhörer.

Suffizienz könne bedeuten, dass man ein bestimmtes Anspruchsniveau herunterschraube, ohne die Aktivität gänzlich zu tilgen, indem man beispielsweise statt wie bisher zweimal nur einmal im Jahr eine Urlaubsreise unternehme oder seinen Fleischkonsum halbiere. Oder man entscheide sich dafür, ein erreichtes Versorgungsniveau selbst zu begrenzen, beispielsweise bei der Kleidung: Eine neue Hose werde eben erst dann angeschafft, wenn eine alte beschädigt und nicht mehr tragbar sei. Die dritte Option: der komplette Verzicht auf eine bestimmte Option, beispielsweise nie fliegen, auf ein Auto verzichten oder grundsätzlich kein Fleisch essen.

Wege zu einer globalen Gerechtigkeit

Um eine Überlebenschance zu haben, bleibe der Menschheit nur der Weg in die Postwachstumsökonomie, so Paech. Dafür müsse das Bruttoinlandprodukt irgendwann gesenkt werden und innerhalb festgelegter Grenzen bleiben. Dazu könne eine Reduktion der Arbeitszeiten gehören. Er forderte eine „globale Gerechtigkeit“. Aktuell verbrauche in Deutschland jeder Einzelne durchschnittlich 11 Tonnen CO2. Dieser Durchschnittswert müsse auf 1 Tonne per Person abgesenkt werden, er empfiehlt den CO2-Rechner des Bundesumweltministeriums.

Kein Konsum ist auch keine Lösung

„Suffizienz heißt nicht darben“, betonte Paech. Es gehe darum, Grundbedürfnisse und reinen Luxus gegeneinander abzuwägen und die Folgeschäden abzuschätzen. Er spricht sich für eine „Logik effizienter Reduktion“ aus, Suffizienz sei am wirksamsten, wenn sie dort ansetze, wo „maximale Schäden, die durch frei wählbare Handlungen entstehen, nur minimale Rechtfertigungsgehalte entgegenstehen“, so Paech. Auch ökonomisch sei diese Differenzierung effizient: wenn eine knappe Ressource vorrangig dort zum Einsatz käme, wo deren Fehlen großen Schaden verursachen würde. „Konkret: Ist die Stromversorgung von Spielkonsolen genauso wichtig wie die eines Krankenhauses?“

Paech verwies auf die „Science of Happiness“. Zahlreiche Studien hätten inzwischen gezeigt, dass mehr Wohlstand nicht unbedingt mit einem erhöhten Wohlbefinden der Menschen einhergehe. Die „Bequemokratie“, so Paech, produziere dagegen einen hohen Anteil psychisch Erkrankter.

Er plädierte für „weniger Technologie und mehr Handwerk“ und für kürzere Wege zwischen der Produktion und Verbrauchern – auch um krisenresilient zu sein. Es müsse nicht alle zwei Jahre ein neues Smartphone sein und auch kein importiertes.

Den vollständigen Vortrag von Nico Paech gibt es hier im Video: 

Nach seinem Impulsvortrag zur Bedeutung von Suffizienz im alltäglichen Tun waren die Werkstattteilnehmenden eingeladen, in Gruppenarbeit die Herausforderungen von suffizienten Lebensstilen zu diskutieren und insbesondere die Stärken und Schwächen von Lüchow-Dannenberg in diesem Zusammenhang zu betrachten.

Eine Zusammenstellung der Gruppenarbeit gibt es hier.

Die Präsentation zum Vortrag von Professor Nico Paech wird bei Interesse gerne zugesandt. Bitte schreiben Sie eine E-Mail an landratsbuero@luechow-dannenberg.de.

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