Jedes Lebensalter bringt seine ganz eigenen Bedürfnisse, Herausforderungen und Chancen mit sich. Welche das sind und welche hilfreichen Angebote es für die verschiedenen Phasen des Lebens bereits gibt und woran es möglicherweise aber auch fehlt, darum ging bei der vierten gemeinsamen Zukunftswerkstatt der Kreisverwaltung und des Kreistags am 22. Mai 2024 in der Dannenberger Schulmensa.
Die Einführung von Landrätin Dagmar Schulz im Video:
Nach der Begrüßung durch Landrätin Dagmar Schulz referierte Dr. Berthold Vogel vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V. an der Georg-August-Universität zum Thema „Zusammenhalt stärken. Kreuzungspunkte schaffen. Impulse aus der Forschung zu „Sozialen Orten“.
Das Lokale als Vorreiter?
„Das Lokale zählt“, sagte Prof. Berthold Vogel. Der ländliche Raum biete Antworten auf die Fragen unserer Zeit. Ob demografischer Wandel oder Energiewende: die Antworten fänden sich vor Ort, im Kommunalen und Regionalen.
Oft werde Gesellschaft „top-down“ gedacht. Dementsprechend würde der kommunale Bereich oft übersehen und unterschätzt. „Aber wo findet der Alltag statt? Doch vor Ort. Hier fahren wir Bus, Bahn, hier findet Versorgung statt.“ Tatsächlich sei der ländliche Raum der Ort, auf den es ankomme. Immerhin lebten 60 Prozent der Bevölkerung in ländlichen Räumen.
Das Kräfteviereck des Zusammenhalts
Vogels zentrale These: "Zukunftsenergie entsteht auf der Grundlage gesellschaftlichen Zusammenhalts, Zusammenhalt ist die zentrale Herausforderung.“ Er erläuterte die vier Bedingungen für Zusammenhalt:
- Vertrauen in das soziale Umfeld. Zusammenhalt entstehe dort, wo Menschen „angstfrei leben“ können.
- Mitwirkung und Teilhabe. Zusammenhalt sei dort möglich, wo Menschen erleben, dass ihre lokalen Anliegen als relevante gesellschaftliche Anliegen aufgenommen werden
- Entwicklungsschancen. Gerade bei jungen Menschen stelle sich die Frage: bleiben oder gehen? Oder auch: wegbleiben oder zurückkehren?
- Soziale Verbindungen im Nahbereich von Familie und Nachbarschaft.
Was soziale Orte ausmacht
Die Idee von „sozialen Orten“, sein Forschungsschwerpunkt, sei ein „optimistisches Konzept, das auf lokale Potenziale vertraut“. Soziale Orte setzten Kooperation voraus, so Vogel. Zusammenarbeit mache Verständigung möglich und verbinde öffentliche Verwaltung, Vereine, Kirche und lokale Wirtschaft.
Dabei gehe es keineswegs um die Rückkehr in „die gute alte Zeit“, betonte Vogel, sondern darum, Angebote zu entwickeln, die den veränderten Bedürfnissen von Menschen entsprechen. Als Beispiele für soziale Orte nannte er Quartiersinitiativen, Dorfmoderationen, Rufbussysteme und generell Angebote, die lokale Akteure in den Vordergrund stellen.
Langfristig müssten sich soziale Orte über das lokale Umfeld hinaus entwickeln. Auch Konfliktbereitschaft sei eine wichtige Anforderung. „Zusammenarbeit ist nicht mit zwanghafter Konsenssuche zu verwechseln“, so Vogel. Gerade wenn es um Entscheidungen für Investitionen gehe, gehe dies in der Regel nicht ohne Konflikte. „Wenn man Glück hat, ist es gerade der Konflikt, der einen zusammenbringt.“
Den vollständigen Vortrag von Prof. Berthold Vogel gibt es hier im Video:
An mehreren Infoständen konnten sich die Teilnehmenden der Veranstaltung anschließend über die bereits bestehenden Angebote für die verschiedenen Lebensphasen informieren – und auch ihre Wünsche, Fragen und Verbesserungsvorschläge hinterlassen.
Bilder von den Gesprächen an den Thementischen gibt es hier:
Die Präsentation zum Vortrag sowie die Ergebnisse an den Thementischen im PDF-Format gibt es hier.